Interview

mit Dr. Stefan Sommer (Vorstand Beschaffung & Komponente)
und Hiltrud Dorothea Werner (Vorständin Integrität und Recht)

Nachhaltigkeit bedeutet für unseren Konzern, ökonomische, soziale und ökologische Ziele gleichrangig und gleichzeitig anzustreben. Wir wollen dauerhafte Werte schaffen, gute Arbeitsbedingungen bieten, die Menschenrechte achten und sorgsam mit Umwelt und Ressourcen umgehen. Von seinen Geschäftspartnern erwartet der Konzern, sich ebenfalls der Nachhaltigkeit zu verpflichten, insbesondere hinsichtlich der Menschenrechte, des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, des Umweltschutzes und der Korruptionsbekämpfung.

Ein Meilenstein auf diesem Weg der Nachhaltigkeit in Lieferantenbeziehungen ist die Einführung des Sustainability Ratings (S-Rating) sowie die damit verbundene Überarbeitung des neuen Code of Conducts für Geschäftspartner. Was der Hintergrund dieser Initiativen ist, was das S-Rating bedeutet und wie sich der Code of Conduct auf die Arbeit mit Geschäftspartnern erklären uns im Interview die beiden verantwortlichen Vorstände Dr. Stefan Sommer und Frau Hiltrud Werner.

Informationen zum Code of Conduct für Geschäftspartner

Der Volkswagen Konzern erwartet von seinen Lieferanten, sich den Zielen der Nachhaltigkeit zu verpflichten. Diese Erwartungen und Anforderungen werden im Code of Conduct für Geschäftspartner beschrieben. Sie sind vertraglich festgelegt und einzuhalten.

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Herr Dr. Sommer, der Volkswagen Konzern ist in vielerlei Hinsicht im Wandel, unter anderem ist eine führende Rolle in der E-Mobilität das erklärte Ziel. Auf dem Weg dahin hat das öffentliche Bekenntnis zu den Klimazielen 2050 und die Ankündigung der CO2 Neutralität für viel Aufsehen gesorgt. Nun lauern gerade in der E-Mobilität viele der großen Herausforderungen vor allem in der Lieferkette. Wie möchten Sie Ihre Geschäftspartnerdarauf einstellen?

Antwort Herr Dr. Sommer:

In der Tat verschieben sich bei einem E-Auto im Vergleich zum Verbrennungsmotor mit Blick auf die Emissionen die Relationen: einem deutlichen Rückgang in der Nutzungsphase steht ein Mehr in der Lieferkette gegenüber, bedingt vor allem durch die energieintensive Batterieproduktion und die Gewinnung der dazu notwendigen Rohstoff. Dieser Herausforderung sind wir uns bewusst und verstärken daher ganz massiv unsere Maßnahmen, um die Risiken in der Lieferkette zu minimieren und unseren positiven Einfluss zu erhöhen.

In diesem Kontext ist es zunächst vonnöten, die gesamte Lieferkette zu kennen und zu mappen, um, falls notwendig, anschließend Verbesserungen herbeiführen zu können. Je tiefer es jedoch in die Lieferkette geht, desto geringer wird unser Einfluss. Daher verfolgen wir gleichzeitig das Ziel, unseren Einfluss direkt geltend zu machen. Maßgeblich ist dabei das sogenannte Sustainability Rating, das ab dem 01.07.2019 im gesamten Volkswagen Konzern eingeführt wird. Unsere direkten Lieferanten werden dann anhand von Nachhaltigkeitskriterien einer Bewertung unterzogen, und wenn das Ergebnis dieser Bewertung nicht unseren Anforderungen entspricht, werden wir mit diesem Lieferanten nicht mehr zusammenarbeiten.

Kurzum: Nachhaltigkeit wird zum entscheidenden Geschäftsfaktor!

Gerne möchte ich an dieser Stelle ergänzen: Unsere Initiative zur E-Mobilität ist sicherlich ein Treiber, das S-Rating ist aber für unsere gesamte Geschäftstätigkeit gültig und bewertet über die ökologische Performance der Lieferanten hinausauch die soziale Nachhaltigkeit sowie die Integrität.

Antwort Frau Werner:

Dieser ganzheitliche Fokus ist für uns enorm wichtig, denn auch in Themenfeldern wie der Achtung der Menschenrechte oder Anti-Korruption müssen wir in der Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern sichergehen können, dass unsere Standards eingehalten werden.

Daher haben wir gerade unseren Code of Conduct für Geschäftspartner überarbeitet, dessen Einhaltung uns alle Geschäftspartner vertraglich zusagen müssen, sowohl Lieferanten als auch auf der Vertriebsseite. Wichtige Bestandteile dieser Anforderungen sind die Achtung der Menschenrechte, der Arbeits- und Gesundheitsschutz, der Umweltschutz und die Korruptionsbekämpfung. Das, was wir intern also im Hinblick auf integres und nachhaltiges Geschäftshandeln von unseren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarten und vielfach schon lange voraussetzen, fordern wir nun zunehmend auch extern ein.

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Wie überprüfen Sie diese Einhaltung und was passiert, wenn Verstöße festgestellt werden?

Antwort Herr Dr. Sommer:

Für die Überprüfung stehen im neuen S-Rating verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. Alle Lieferanten müssen zunächst eine Selbsteinschätzung abgeben, die von einem externen Dienstleister validiert wird. Sollte das Ergebnis nicht unseren Erwartungen entsprechen, wird der jeweilige Standort einer genaueren Vor-Ort-Prüfung unterzogen. Sollten hier ebenfalls Verstöße festgestellt werden und der Lieferant nicht willens oder in der Lage sein, diese umgehend zu beheben, so ist er bei uns nicht mehr vergabefähig.

Es besteht also ein ganz klarer Anreiz für alle Lieferanten, sich an unsere Anforderungen zu halten und diese auch nachweisen zu können. Er wird sonst mit uns kein Geschäft mehr machen!

Antwort Frau Werner:

Verstöße gegen ethische Grundsätze oder integres Geschäftshandeln sind oft nicht über Vor-Ort-Besuche überprüfbar. Im Bereich Compliance und Integrität wenden wir daher weitere Tools an, mit denen wir die Geschäftspartner und deren interne Prozesse ausführlich prüfen können.

Diese Business Partner Due Diligence Prüfung folgt dabei einem ganz klar risikobasierten Ansatz: je größer das Risiko, desto ausführlicher fällt die Prüfung aus. Dies soll auch gewährleisten, dass wir unsere Geschäftspartner nicht über Gebühr belasten.

Insgesamt gilt aber für uns eindeutig, dass sich verantwortungsvolles Handeln und wirtschaftlicher Erfolg nicht ausschließen, sondern einander fördern – auch in der Zusammenarbeit mit den Lieferanten.

Hiltrud D. Werner

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Nun treten viele der Nachhaltigkeitsrisiken oft nicht primär bei Ihren direkten Geschäftspartnern auf. Verstöße gegen die Menschenrechte, schlechte Arbeitsbedingungen oder korruptes Geschäftsgebaren sind oftmals gerade in der Lieferkette große Herausforderungen. Wie gehen Sie damit um?

Antwort Frau Werner:

Wir sind uns unserer Verantwortung für die weiteren Schritte der Lieferkette bewusst. Die vertragliche Einforderung von Nachhaltigkeitsstandards und Integrität ist aber tatsächlich nur bei unseren direkten Vertragspartnern möglich. Diesen Hebel nutzen wir in der Lieferkette prioritär indem von unseren Vertragspartnern fordern, unsere Anforderungen wiederum an ihre Partner weiterzugeben.

Somit wollen wir eine Kaskadierung durch die Lieferkette erreichen. Besonders relevant ist das für unsere Rohstoffbeschaffung. Hier gehen wir noch einen Schritt weiter und fordern von Lieferanten explizit ein, uns auf Anfrage ihre relevanten Zulieferer zu nennen und nachweisen zu können, nur konforme Schmelzen und Raffinieren zu nutzen.

Antwort Herr Sommer:

Die Arbeit in der tieferen Lieferkette und über vertragliche Beziehungen hinaus fordert von uns weitergehende Anstrengungen. Diese werden wir nur über gemeinsame, industrieweite Anstrengungen und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Lieferanten erreichen: es hilft im Endeffekt niemandem, wenn wir möglichst viele nicht-konforme Unternehmen lediglich aus unserer Lieferkette verbannen. Vielmehr muss unser Anspruch sein, mit ihnen gemeinsam daran zu arbeiten, dass sie besser werden und wir die Nachhaltigkeitsperformance insgesamt verbessern.

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Wie wollen Sie das konkret erreichen? Und wie bereiten Sie Ihre Zulieferer auf die neuen Anforderungen vor?

Antwort Herr Dr. Sommer:

Ein Großteil der Anforderungen ist den Lieferanten bereits erkannt und war auch bislang schon im Code of Conduct für Geschäftspartner festgelegt. Neu ist vor allem, dass die Nicht-Einhaltung nun direkte Konsequenzen hat.

In der Umsetzung der Anforderungen arbeiten wir eng mit den Lieferanten zusammen und schulen diese. Zu diesem Zwecke ist jeder Lieferant verpflichtet, ein E-Learning zu absolvieren. Zusätzlich gibt es zahlreiche Trainingsangebote: Kleine und mittelgroße Unternehmen in Deutschland werden anders geschult als Zulieferer in den verschiedenen Regionen; in vielen Fällen arbeiten wir auch mit Brancheninitiativen und in Kooperation mit anderen Unternehmen daran, unsere Lieferanten fit für das S-Rating zu machen.

Antwort Frau Werner:

In diesem Zusammenhang ist für mich auf das Thema Kommunikation und Sensibilisierung entscheidend. Für unsere Geschäftspartner müssen die Anforderungen des Volkswagen Konzerns klar kommuniziert und in das Gesamtbild eingebettet werden: es geht uns darum, ökonomische, soziale und ökologische Ziele gleichrangig und gleichzeitig anzustreben. Dies werden wir im Interesse aller Beteiligten aber nur erreichen, wenn unsere Geschäftspartner mit uns an einem Strang ziehen.

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Wenn Sie den Lieferanten eine kurze Message mitgeben könnten – welche wäre das?

Antwort Frau Werner:

Arbeiten Sie mit uns daran, die gemeinsamen Lieferketten nachhaltig und ethisch verantwortlich zu gestalten. Kommen Sie bei Fragen auf uns zu, wir freuen uns über Rückfragen und Anregungen!

Antwort Herr Dr. Sommer:

Und fangen Sie jetzt an! Machen Sie sich mit unseren Anforderungen vertraut,
bereiten Sie sich vor und füllen Sie den SAQ aus.

Wir meinen es ernst!

Dr. Stefan Sommer